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Montag, 18. Mai 2015permalink

Viele Schützenvereine stehen Jahr für Jahr vor der Herausforderung, einen neuen König zu finden. ln Dülmen-Rorup ist das anders; Dort gibt es genug Bewerber. Das liegt unter anderem an den Sparclubs.

Manchem Schützenoberst stehen die Schweißperlen auf der Stirn, wenn er an das Königsschießen denkt: Holt dieses Jahr einer den Vogel runter? Finden wir einen König? Oder muss es wieder jemand aus dem Vorstand machen?

ln Dülmen-Rorup im Kreis Coesfeld gab es in den vergangenen Jahren keine Probleme, einen König zu finden. Das lag unter anderem an den 16 Sparclubs im Ort. Sie finanzieren die Königswürde ihrer Mitglieder mit. So viele Sparclubs in einem Verein sind im Münsterland einmalig und sorgen jedes Jahr für ein ausgelassenes Schützenfest in dem 2500-Einwohner-Dorf.


Kurz nach dem Königsschuss 2014 feiert der Sparclub GSG 21 die neue Majestät Wolfgang Kerkeling.

Gemeinsames Konto

Doch auch in Rorup herrschte früher Flaute. Es gab nicht immer genug begeisterte Schützen, die sich krönen lassen wollten. Beim Schützenfest 1982 konnte kein Schütze gefunden werden, der auf den Vogel zielen wollte. Es kam zu einer längeren Schießpause. Da nahm der damals 18-jährige Thomas Pankoke einen Freund zur Seite. "Herbert, so kann es nicht weitergehen. Wir müssen uns was einfallen lassen", erinnert sich der heute 51-jährige. Sie sammelten weitere 19 junge Männer aus dem Ort um sich. "Wir hatten die Idee, ein gemeinsames Konto einzurichten", sagt Thomas Pankoke rückblickend. Dieses Geld sollte die Königswürde mitfinanzieren.
Am 1. Juli 1982 wer es dann so weit: lm Roruper Landjugendkeller hoben 21 junge Männer im Alter von 18 bis 23 Jahren den ersten Schützen-Sparclub aus der Taufe. Sie nannten sich Gemeinsame Schützengilde 21, kurz GSG 21.
Die jungen Männer wählten Thomas Pankoke zum Versitzenden und Wolfgang Kerkeling zum Kassierer. Beide bekleiden die Ämter mittlerweile auf Lebenszeit. Doch wichtiger waren die 14 Punkte des Statuts, auf die sich die Schützen einigten. Sie gelten fast unverändert bis heute:

  • Der monatliche Beitrag beträgt 7€.
  • Die Selbstbeteiligung der Königswürde beträgt 250€.
  • Wer von dem Sparclubkonto Geld für die Königswürde abzweigen will, muss nachweislich jeden Monat eingezahlt haben.
  • Von dem Konto können höchstens 3100€ für ein Schützenfest abgebucht werden.

"Wichtig ist, dass jedes Mitglied weiß, was er bekommt und auch genau weiß, was er nicht bekommt", stellt Kassierer Wolfgang Kerkeling klar.

Nach drei Jahren König

Wer König in Rorup ist. muss die Throngäste auf zwei Festbällen beköstigen, eine Runde auf der Jahreshauptversammlung des Schützenvereines geben und eine Königsplakette kaufen. Hinzu kommen weitere inoffizielle Ausgaben.

Im Jahr 1985 hatte der Club erstmals genug Geld gespart, dass seine Mitglieder um die Königswürde mitschießen konnten. Herbert Merfeld holte als Erster aus dem Sparclub den Adler herunter.

"Ungefähr alle drei Jahre ist es möglich, einen König zu finanzieren",  sagt Thomas Pankoke. In seiner 33-jährigen Geschichte konnte der Sparclub GSG 21 achtmal den König stellen. Fast ein Drittel der Ausgaben für das Königsamt übernimmt der Sparclub. Ein weiteres Drittel stammt vom Schützenverein. Das restliche Drittel sind Geschenke der Throngäste. Diese Aufteilung nennt Kassierer Wolfgang Kerkeling, der zurzeit amtierender König in Rorup ist. "Der Anteil, den der König aus eigener Tasche zahlen muss, ist relativ gering."

Wenn ein Mitglied des Sparclubs den Vogel herunterholt, dann schwärmen die anderen Mitglieder aus und bereiten vieles für die neue Majestät vor. Sie besorgen Blumen für die Tische und schmücken den Thron. "Vom Kassierer des Sparclubs bekommt der König sofort 300€, um Bierrunden spendieren zu können."


Zum 25. Jahrestag zog der Sparclub GSG 21 auf einem Pferdegespann mit zwei Kaltblütern durch Rorup.

Nicht mehr alleine

Acht Jahre lang war die GSG 21 der einzige Sparclub in Rorup. 1990 gründeten 20 Mitglieder des Schützenvereins einen weiteren Sparclub, den "SC Vogelfall“. Mittlerweile gibt es 16 Sparclubs im Ort. Sie nennen sich die "Schafschützen“, das "Abschusskommando“ oder die „Bleischützen“.

"Die jüngeren Sparclubs orientieren sich meist an unserem Statut“, sagt Thomas Pankuke, der die jüngeren Schützen bei der Gründung eines Sparclubs berät. Es gibt auch junge Roruper, die erst einen Sparclub gegründet haben und dann mit 18 Jahren geschlossen in den Schützenverein eingetreten sind.

"Das Königsamt in Rorup ist nicht teuer. Jeder Schütze kann es sich leisten, auch wenn er nicht im Sparclub ist“, meint Bernhard Volmer, der Vorsitzende des Schützenvereins. "Durch die Sparclubs ist das Fest gut besucht, selbst die Heilige Messe. Denn viele Sparclubs haben in ihrem Statut eine Anwesenheitsp?icht für das ganze Schützenfest verankert.“

Die Sparclub-Idee stieß noch weitere Veränderungen im Verein an. Früher gingen die Roruper Schützen beim Schützenfest in Zivil. Sie trugen nur eine Schützenmütze. Heute tragen die Schützen, die in einem Club Mitglied sind, Hut, Hemd und Schlips mit dem Aufdruck des jeweiligen Sparclubs. Für den Nachschub an Getränken sorgt auf dem Schützenfest der Kassierer des Sparclubs. Beim Antreten zum Fest zahlen ihm die Mitglieder eine Umlage, von der der Kassierer Bier und nicht alkoholische Getränke kauft.
Das Bier holt der Kassierer dann meist in dem clubeigenen Biermeter. In dieses Tragebrett passen so viele Biergläser, wie der Sparclub Mitglieder hat. Auch hat jeder Club einen Wimpel. "Der gemeinsame Tisch mit dem Wimpel dient als Sammelpunkt auf dem Fest", erklärt Wolfgang Kerkeling. Manche der Sparclubs haben auch eine kleine Standarte, die sie bei der Parade tragen.

Zahlreiche Anfragen

Andere Vereine in der Umgebung schielen auf das Roruper Konzept. "Über 20 Schützenvereine haben bei uns angefragt. Meist waren es direkt die Vorstände", erzählt Thomas Pankoke, Aber weder er noch Wolfgang Kerkeling können einen anderen Verein nennen, bei dem die Sparclub-Idee auch funktioniert. "Wenn es von oben, vom Vorstand, kommt, klappt es nicht.

Die Idee muss von unten, aus der Mannschaft stammen", ist Thomas Pankoke überzeugt. Erst dann seien der Zusammenhalt und die Motivation stark genug, einen Sparclub zu gründen und über Jahre aufrechtzuerhalten. Für Wolfgang Kerkeling und Thomas Pankoke haben die Sparclubs eine wichtige Bedeutung für das Dorf: Neue Bewohner finden über die Sparclubs besser in die Dorfgemeinschaft hinein. Ehemalige Bewohner bindet die Clubmitgliedschaft an das Dorf. Sie kehren beim Schützenfest gerne in ihr Heimatdorf Rorup zurück.

Doch Thomas Pankoke und Wolfgang Kerkeling stellen klar: Der Sparclub ist kein eigener Verein, sondern ein Club innerhalb des Schützenvereins.

Patrick Otte

Quelle:
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