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Mittwoch, 31. Juli 2013permalink

Im Kreis Coesfeld wohnen mehrere Vorstandsmitglieder des Schweinehalter-Verbands ISN e. V.

Von Reimund Menninghaus

Kreis Coesfeld/Rorup. Der Kreis Coesfeld ist ein absolutes Schwergewicht in Sachen Schweinehaltung. Kein Wunder, dass vor diesem Hintergrund auch mehrere Mitglieder des sechsköpfigen Vorstands der bedeutendsten Interessensvertretung von Schweinehaltern in Deutschland, der ISN (siehe auch gelben Kasten), hier im Kreis Coesfeld wohnen und wirtschaften. Im einzelnen sind das Philipp Schulze Esking aus Billerbeck (2. Vorsitzender; 3 000 Mastschweine), Christian Schulze Bremer aus Rorup (3. Vorsitzender; 600 Sauen), Birgit Scharlau aus Havixbeck (Vorstandsbeisitzerin; 1 000 Mastschweine) und Dirk Schulz aus Rorup (Beiratsmitglied; 500 Sauen).

Was sie gegenwärtig bewegt – auch kürzlich bei einem Treffen in Rorup auf dem Hof von Dirk Schulz – ist das schlechter werdende Image der Branche: Schweinehalter werden immer wieder als Massentierhalter beschimpft. „Und beispielsweise die Grünen in Sachsen haben auf ihrer Internetseite eine Landkarte platziert, auf der die Namen, Standorte, Betriebsgrößen und Haltungsformen von Schweinehaltern lokalisiert sind – ein Internetpranger“, sagt Philipp Schulze Esking aus Billerbeck.

Doch damit nicht genug: Immer mehr Bürgerbewegungen machen Front gegen Stallneubauten. „In Niedersachsen haben sogar schon neugebaute Ställe gebrannt – zum Glück waren noch keine Tiere darin“, sagt Birgit Scharlau. Und in Nordrhein-Westfalen haben die Bündnisgrünen beim „3. Runden Tisch gegen Massentierhaltung“ vor kurzem in Düsseldorf Tipps gegeben für die Gründung von Bürgerinitiativen gegen Stallneubauten und Hinweise, wie durch Verweis auf Formfehler Genehmigungsverfahren von Stallneubauten verzögert oder gar verhindert werden können.

„Jeder Stallneubau ist ein Beitrag zum Tierschutz“

„Dabei ist doch jeder Stallneubau ein Beitrag zum Tierschutz“, sagt Dirk Schulz, der selber in Rorup mehrere neue Ställe gebaut hat: „Der Tierschutz hat eben in Deutschland einen vergleichsweise hohen Stellenwert – und wird auch von den Behörden geprüft“, sagt Christian Schulze Bremer.

Beispiel ist die zum 1. Januar dieses Jahres in Kraft getretene Haltungsverordnung. „Die Verordnung schreibt neben höheren Platzvorgaben unter anderem Gruppenhaltung für die Sauen vor.“ Was dazu geführt hat, dass seitdem 25 Prozent aller Sauenbetriebe mit weniger als 100 Sauen ihren Betrieb eingestellt haben“, so Dirk Schulz.

Der Strukturwandel in der Schweinehaltung beschleunige sich durch solche neuen rechtlichen Vorgaben immens – und die Betriebsgrößen werden immer größer.

Dies könne sich noch verschärfen, wenn die Vorgaben zum Nachrüsten von sogenannten Luftwäschern für Schweineställe streng umgesetzt wird. Binnen drei bis fünf Jahren sollen danach in Nordrhein-Westfalen und in Niedersachsen alle Stallneubauten und alle bestehenden Anlagen mit 2 000 Mastplätzen und mehr und gleichbedeutend auch andere Schweineställe mit solchen Geräten ausgestattet werden.

Stallluft-Wäscher braucht Strom für 25000 Euro

Kostenpunkt der Installation: ab 100 000 Euro aufwärts, und pro Jahr verbrauchen diese Geräte beispielsweise für eine Maststallanlage von 2 000 Schweinen Strom für 25 000 Euro, rechnen die ISN-Vertreter mit Verweis auf Daten der Landwirtschaftskammer vor.

 

„Diese Wäscher neutralisieren unter Einsatz von Schwefelsäure das Ammoniak und waschen unter Grundwasser-Einsatz den Staub aus der Stallluft“, sagt Christian Schulze Bremer, der hierfür Verständnis hat mit Blick auf Ställe, die in der Nähe von Siedlungen liegen. „Warum aber sollen solche Anlagen auch mitten in den Bauerschaften eingebaut werden?“

Er und die anderen Vorstandsmitglieder und Angestellten der ISN sind sich vor diesem Hintergrund einig: Es muss etwas getan werden.

Imagekampagne in

der Vorbereitung

Und so sammelt die ISN derzeit bei den Mitgliedern Geld für die Beschriftung von Lkw-Anhängern und -aufliegern sowie Image-Werbeanzeigen in Printprodukten und hat neben seiner Verbands-Seite www.schweine.net auch die Seite www.bauernhoefe-statt-bauernopfer.de ins Netz gestellt. Darauf findet sich auch ein Anzeigenmotiv mit Schweinehalter Markus Jeiler aus Hiddingsel, bei dem darauf hingewiesen wird, dass mehr als jeder zehnte Arbeitsplatz im Kreis Coesfeld direkt von der Landwirtschaft abhängt. Schon fertig sind auch kurze Filme, auf denen sich Schweinehalter zu ihrem Beruf äußern.

Viele Fernsehbeiträge

an der Realität vorbei

So Dirk Schulz, der dabei aufzählt, wie viel Mitarbeitern vom Baugewerbe seine Stallneubauten über Monate hinweg sicheres Einkommen bescherten. „Ich bin Massentierhalter! Na und? Bei mir geht es den Schweinen gut!“

Dies alles tun die ISN-Akteure, um das Image der Branche zu verbessern: „Wir müssen den Fernsehsendungen etwas entgegensetzen, in denen Filmaufnahmen der Tierrechtsorganisation Peta aus schlecht geführten Stallungen für Kampagnen missbraucht werden wie etwa bei der Sendung ,Rach deckt auf‘. Oder auch Sendungen wie ,Frontal 21‘ im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Mit Wirklichkeitsabbildung haben diese Sendungen nichts zu tun“, sagt Dirk Schulz. Da habe der Bericht im Greenpeace-Magazin das Thema viel sachlicher und realitätsnäher dargestellt.

„Wir laden nicht nur Politiker in Berlin einmal im Jahr zu einem parlamentarischen Abend und zu uns auf die Betriebe ein – auch SPD-Generalsekretär André Stinka und CDU-Bundestagsmitglied Karl Schiewerling sind diesen Einladungen schon gefolgt –, sondern wir sind auch aufgeschlossen Journalistenanfragen gegenüber. Bei 90 Prozent solcher Anfragen sind wir absolut offen. Nur wenn nicht gesagt wird, wofür das Material gebraucht wird, lehnen wir eine Zusammenarbeit ab“, so Christian Schulze Bremer.

Was das alles soll? „Wir wollen nicht ständig künftig nur beschimpft werden. Und wir wollen, dass auch in Zukunft Schweinehaltung in Deutschland möglich ist und Bauernfamilien ernähren kann“, so Birgit Scharlau.

Schlechtes Beispiel: Großbritannien

Denn all das ist nicht selbstverständlich: „Als in Großbritannien kurz nach der Jahrtausendwende strikt und kompromisslos Gruppenhaltung von Sauen und Schweinehaltung unter freiem Himmel vorgeschrieben wurde, war das ein schwerer Schlag für die Branche. Von damals 100-prozentiger Schweinefleisch-Selbstversorgungsquote ist England mittlerweile auf 58 Prozent Quote herabgesunken; der Rest wird importiert“, so ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack.

Schweine aus Deutschland oder nur noch Importierte?

Auch Deutschland könnte bei Weiterdrehung der Vorschriften als Schweinehaltungs-Standort kaputt gemacht werden. „Dann wird das Schweinefleisch aus dem Ausland eingeführt – und da ist es vielerorts nicht weit her mit dem Tierschutz“, so Birgit Scharlau.

 

Bei der Vorstandsarbeit: Dr. Karl-Heinz Tölle (Leitung Projektmanagement bei der ISN), Dr. Torsten Staack (Geschäftsführer ISN), Birgit Scharlau (Havixbeck; ISN-Vorstandsmitglied), Christian Schulze Bremer (Rorup; 3. Vorsitzender ISN), Philipp Schulze Esking (Billerbeck; stellvertretender Vorsitzender ISN) und Dirk Schulz (Rorup; Beiratsmitglied ISN).  Fotos: Menninghaus/ISN

 

Auf diesem Plakat ist Markus Jeiler aus Hiddingsel vor seinem Stall zu sehen. Unten steht in kleinen Buchstaben: „Mehr als jeder zehnte Arbeitsplatz im Kreis Coesfeld hängt direkt von der Landwirtschaft ab. Ist Ihrer auch dabei? Mehr unter: www.Bauernhoefe-statt-Bauernopfer.de

 

Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands

 

Bei der 1988 gegründeten Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN; das N steht für das früher gebrauchte Wort Nordwestdeutschland) sind 12 000 der derzeit 30 000 deutschen Schweinehalter Mitglied; sie besitzen 70 Prozent aller Schweine in Deutschland. Unter anderem mit einer Preisberichtsstelle, Flüssiggashandel, Versicherungsmaklern, einer wöchentlichen Internet-Schweinebörse und anderen Dienstleistungen hilft die ISN ihren Mitgliedern. Und auch die Kartellbehörden nutzen die Zahlen der ISN, etwa zur Verhinderung noch stärkerer Marktkonzentration in der Schlachtbranche.

Die Geschäftsstelle der ISN liegt in Damme.

Quelle:
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