Als dieser sich um 1865 aus der Heimat verabschiedete, führte sein Ziel ihn über den großen Teich: von Bremen aus an Bord eines holländischen Seglers nach New York, von dort aus nach Luxemburg, eine Stadt im Bundesstaat Iowa im Herzen der Vereinigten Staaten.
So wie er dachten damals viele Deutsche in einer Zeit der Armut, Gewalt und Perspektivlosigkeit. In einer Nacht- und Nebelaktion alles hinter sich lassen und einen Neuanfang auf dem „blühenden Kontinent“ wagen – wie Bernhard Wieskus sahen Mitte des 19. Jahrhunderts auch nicht wenige Münsterländer diesen Ausweg. Etwa 35 bis 40 über diverse Ecken miteinander verwandte Nachfahren der Geschwister des einstigen Auswanderers mag es heute im Kreis Coesfeld geben, schätzt Josef Wieskus (64) aus Rorup. Und seit 18 Jahren wissen sie, dass sie auch in den USA mittlerweile eine große Schar Verwandter haben!
Seit 1999 halten die Wieskus‘ hier und die Wiskus‘ dort (in den USA wird der Name ohne „e“ geschrieben) Kontakt zueinander, schreiben sich regelmäßig zu Weihnachten, auch drei Besuche amerikanischer Verwandter hat es mittlerweile allein bei Josef Wieskus in Rorup gegeben. Am vergangenen Donnerstag nun traf sich Josef Wieskus mit dem Coesfelder Volker Schwan, der das Ortsfamilienbuch für Coesfeld ins Rollen gebracht hatte (siehe Seite 3). Und dieser hat flugs begonnen, für die Großfamilie einen Familienstammbaum zu entwerfen, der die Verwandtschaftsverhältnisse auch grafisch darstellt.
„Das ist eine tolle Sache“, freut sich Josef Wieskus über die schöne optische Veranschaulichung seiner Familienahnen. Zwar habe eine amerikanische Verwandte, eine katholische Nonne, bereits selbst intensiv Ahnenforschung betrieben (Josef Wieskus hatte Carrie Kirsch-Wiskus dafür Daten unter anderem aus dem Dülmener Stadtarchiv zur Verfügung gestellt) und eine umfangreiche Mappe zur „Familien-Folge Wieskus“ erstellt. Wer wie genau mit wem verwandt ist – so richtig ohne bleibende Fragezeichen ließ sich vieles allerdings nicht klären. Die Zusammenführung der in der Familie vorliegenden Auflistungen und der Daten aus dem Ortsfamilienbuch von Volker Schwan konnte nun schon etwas Licht ins Dunkel führen – und Schwan hat gerade erst angefangen, akribisch nach weiteren Zusammenhängen zu forschen …
Dabei ist allein schon die Tatsache, wie 1993 der erste Kontakt nach Rorup geknüpft wurde, bemerkenswert.
„Als Erste waren damals John und Bonny Wiskus aus North Dakota bei uns zu Gast“, erzählt Josef Wieskus. „Ihr Schwiegersohn war damals bei der US-Armee in Kaiserslautern stationiert und fuhr von dort mit einem Leihwagen nach Münster, um beim Bistum Details über den Familienstammsitz der deutschen Wiskus-Verwandtschaft zu erfragen. Dort erhielt er die Auskunft, dass die Familie im Kreis Coesfeld angesiedelt sein müsse. John und Bonny flogen dann einfach nach Deutschland, nahmen sich ein Zimmer in Coesfeld und telefonierten alle Wieskus‘ ab, die im Telefonbuch zu finden waren. So kamen sie schließlich auch zu uns. Wobei der Stammsitz der Familie noch heute auf dem Holsterbrink ist“, schildert Josef Wieskus die Kontaktaufnahme. Heute sind die Wieskus‘ übrigens in Darup, Rorup, Goxel und Lette (und auch darüber hinaus) zu finden.
Es folgten zwei weitere von Herzlichkeit geprägte Besuche entfernter Verwandter aus Amerika: im Sommer 1999 von der Familie Kirsch-Wiskus (die übrigens väterlicherseits ebenfalls deutsche Vorfahren aus Bitburg haben) und 2004 von Ron, Monika und Sandra Wiskus, die gar nach Erben und Mitarbeitern für ihr landwirtschaftliches Lohnunternehmen in Iowa suchten.
„Beim Besuch 1999 blieben die Wiskus‘ eine ganze Woche bei uns“, erzählt Josef Wieskus. „Es war, als wenn sich alle schon ewig kannten!“ Für einen „deutschen Wieskus“ war es übrigens ein besonderes „Wiedersehen“ mit den Amerikanern. „Mein Onkel Bernhard war im Krieg in US-Gefangenschaft.“
Schon schlimm, wenn man da plötzlich auf einer „anderen Seite“ sein soll als seine Verwandten.